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Wenn die Ideen nur so sprudeln: Celina Weithaas über Inspiration, Schreibblockaden und natürlich: Bücher.

39 Bücher veröffentlichen – in 13 Jahren! Celina Weithaas ist 23 Jahre alt, kommt aus Teltow und schreibt und veröffentlicht Bücher. Sie hat mit mir über das Schreiben und ihre Bücher gesprochen, wie es dazu kam, dass sie mit 12 ihr erstes Buch verfasste und was es mit ihrem einzigartigen 13-Jahres-Plan auf sich hat.

Bild zur Verfügung gestellt von Celina Weithaas

Liebe Celina, ich freu mich sehr, dass du Lust auf ein Interview hattest. Du bist 23 Jahre alt und planst bis zum Jahr 2032 deine 39 Bücher umfassende Reihe „Die Chroniken des Grauen Mannes“ zu veröffentlichen – beeindruckend! Kannst du uns zu Beginn ein wenig über dich erzählen?

Ich danke Dir, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit mir nimmst! Es freut mich jedes Mal riesig, wenn sich jemand intensiver für meine Bücher oder mich interessiert.

Über mich gibt es erschreckend wenig zu erzählen – ich bin buchverliebt, schreibe, seit ich winzig war, habe Geschichten erzählt, sobald ich den Mund aufbekommen habe, werde unangenehm hibbelig, wenn ich am Tag weniger als zweieinhalb Stunden spazieren gehe, und falls Du mich suchst, findest Du mich entweder in einem Museum oder verbuddelt hinter einem Buch oder meinem PC.

Wie bist du auf die Idee gekommen, Bücher zu schreiben und wie hast du deinen wirklich beeindruckenden Plan erstellt – kannst du uns zu deinem 13-Jahres-Plan mehr erzählen?

Ich habe einfach immer geschrieben! Mit vier Jahren habe ich meine erste (zugegeben mickrige) Kurzgeschichte verfasst und dann wurden die Geschichten länger. Mit acht oder neun Jahren habe ich die erste Geschichte mit gut fünfzig Seiten geschrieben (allerdings handschriftlich), mit elf Jahren habe ich auf dem PC meiner Eltern meinen ersten Kurzroman (den niemals, niemals, niemals jemand in die Hände bekommen wird) von gut 150 Seiten verfasst und mit zwölf Jahren dann meinen ersten gut 400 Seiten langen Roman. Dieses Buch findest Du übrigens auch in meinem 13-Jahresplan.

Mein 13-Jahresplan ist ein Veröffentlichungsplan, der 12 oder 13 Reihen (je nach Definition) mit insgesamt 36 Büchern zwischen 2019 und 2032 auf den Tag genau vorplant. Er ist damit der Kern der „Chroniken des Grauen Mannes“, die noch eine Reihe mehr, die Poison-Trilogie, umfassen. Er ist in fünf Phasen aufgeteilt. Hier habe ich mich an Freytags Dramentheorie orientiert, obwohl es sich bei den Büchern im Rahmen meines Plans definitiv nicht um Dramen handelt. Mir gefällt, wie vereinfacht Freytag das Konstrukt des Spannungsaufbaus einfängt und habe beschlossen, meine Reihen so zu sortieren, dass sie atmosphärisch und nicht chronologisch aufeinander aufbauen. Die 13 Reihen meines 13-Jahresplans können alle unabhängig voneinander gelesen werden. Liest Du sie aber alle, wirst Du rasch feststellen, dass sich in jeder Reihe der mysteriöse „Graue Mann“ findet. Seine Geschichte wird hinter den Reihen erzählt und erreicht ihren Höhepunkt in der dritten Phase.

Kannst du uns deine Bücher vorstellen bzw. umreißen, worum es in deinen 39 Büchern geht? Wer ist denn der graue Mann?

Für die Bücher der Chroniken des Grauen Mannes habe ich das Oberthema „menschliche Abgründe“ gewählt. Und die schreiben Programm. Ich wähle mir pro Reihe einen der, von mir als solchen eingeschätzten, dunklen Makel der Menschheit und „debattiere“ ihn. Der Poison-Trilogie liegt beispielsweise die menschliche Gier zugrunde und die menschliche Bereitschaft, für das eigene Wohl selbst das eigene Kind zu verkaufen. Die Jahreszeitentrilogie befasst sich mit dem rücksichtslosen Wissensdurst, der nicht vor Experimenten an Menschen Halt macht und keine Moral kennt. In der Märchendilogie prangere ich die menschliche Phantasie an, die Geschichten entstehen lässt, in denen Mord und Verrat romantisiert werden und die wir dann schlichthin als „märchenhaftes Kulturgut“ bezeichnen. Und so zieht es sich durch. In der Mitternachtstrilogie stoße ich zum Nachdenken bezüglich des Kalkulierens an der Börse an und der Folgen des großen Fehlkalkulierens für all jene, die nie mit Aktien gehandelt haben. In der Dämonentrilogie lasse ich den Leser hinter die Kulissen eines „Heiligen Krieges“ blicken, bei dem sie mit dem Fanatiker zu sympathisieren beginnen – weil sie seinen Gedanken folgen, das Buch aus seiner Perspektive erzählt wird und sie sich in ihm wiederfinden. In der Götterdämmerungstrilogie prangere ich den menschlichen Hochmut an, der einige wohl Glauben macht, einen Krieg kontrollieren zu können, obwohl Gräuel das sind, was Menschen häufig, so meine steile These, zu irrationalen Handlungen bewegt. Diese Themen lasse ich im Hintergrund schwelen, lege mit ihnen den Grundstein der Geschichte, der von ausreichend Schichten überlagert wird, damit der Leser sich dagegen entscheiden kann, die Kernthematik überhaupt wahrzunehmen und als solche zu begreifen, und baue dann darauf, was die Menschen eigentlich lesen wollen: Eine Liebesgeschichte. Einen zerrissenen Protagonisten, der sich versucht zum Guten zu wenden. Wandel, Action, und immer wieder Liebe. Weil Liebe verkauft sich. Nach Liebe sehnen wir uns. Geborgenheit ist eines der menschlichen Grundbedürfnisse.

Der Graue Mann ist für mich persönlich das, was bei Licht betrachtet vom Menschen übriggeblieben ist. Er ist in seinen Vorstellungen derart moralisch grau, es ist, als kenne er keine Farben. Er taucht in jeder Reihe auf. Einigen Protagonisten weist er den Weg, andere manipuliert er, die nächsten stürzt er in Hilflosigkeit. Der Graue Mann bedeutet mir von allen Figuren am meisten. Er ist nicht gut, er ist nicht böse. Er ist menschlich, während er über deutlich mehr Möglichkeiten verfügt, als der normale Mensch.

Woher kam bzw. kommt dir die Inspiration?

Ich lese viel und gerne alles, was ich in die Finger bekomme. Die Inspirationen sind von Reihe zu Reihe unterschiedlich. Vor der Jahreszeitentrilogie habe ich mich beispielsweise intensiver mit den Forschungen der Nationalsozialisten auseinandergesetzt. Vor der Mitternachtstrilogie habe ich mir einige Beiträge zu den Ursachen des Arabischen Frühlings angesehen und durchgelesen. Bevor ich die Dämonentrilogie verfasst habe, habe ich die Bibel gelesen. Manchmal reicht aber auch nur ein Bild als Gedankenanstoß, ein Lied, ein Gedicht. In meinen Büchern debattiere ich die Themen, die mir zu heikel sind, um offen über sie zu sprechen. Die Inspiration kommt also wortwörtlich von überall. Aus Dokumentationen, Berichten, Fragmenten. Es gibt zu viele Wissens- und Informationsquellen, um sie alle aufzuzählen.

Was macht dir am Schreiben am meisten Spaß bzw. was ist für dich das Schönste daran?

Ich kann abschalten. Wann immer ich schreibe, fügt sich alles. Es ist wie ein wacher Traum. Ich sitze da, ich schreibe und die Welt ist für den Moment in Ordnung.

Hast du in all deinen Büchern eine Lieblingsfigur oder Lieblingsfiguren – und wenn ja, welche?

Auf Platz Nummer eins steht definitiv der Graue Mann, dicht gefolgt von Vladimir, Chrona Elizabeth Josephine Hel Clark, Sylvain und Cathrin.

Welche Themen sind dir beim Schreiben wichtig? Möchtest du mit deinen Büchern eine Botschaft an deine LeserInnen schicken?

Ich möchte keine Botschaft senden. Ich möchte zum Nachdenken anregen. Manchmal kommt es mir vor, als würden wir die Dinge viel zu schnell hinnehmen. Wir sollten hinterfragen, wir sollten grübeln, wir sollten uns in moralischen Dilemmas wiederfinden und wir sollten zuhören.

Mir ist jedes Thema wichtig, das mich bewegt. Schlussendlich im Rahmen der Chroniken: Menschliche Abgründe. Weil es von ihnen so viele gibt! Obwohl – oder gerade weil – wir vermutlich die am höchsten entwickelte Spezies sind, die dieser Planet zu bieten hat.

Hast du Vorbilder – und wenn ja, welche?

Nein, ich habe keine Vorbilder.  Mir kam, als ich zehn oder elf Jahre alt war, der Gedanke, dass Vorbilder uns in unserer eigenen Entwicklung einschränken könnten, weil wir einen konkreten Fokus auf ein konkretes Ziel setzen, das wir für uns im schwierigsten Fall als „oberstes Ziel“ begreifen. Ich versuche mich von Vorbildern so frei wie möglich zu machen. Zumindest, wenn es um meine Bücher geht.

Wie gehst du mit Schreibblockaden um?

Ich hatte noch nie eine. Ich schreibe nur, wenn mich etwas bewegt.

Wie hast du es geschafft, das Schreiben und Schule/Studium unter einen Hut zu bringen?

Das klingt wahrscheinlich total doof, aber ich war nie jemand, der viel dafür tun musste, gute Noten zu bekommen. Nach der Schule oder vor der Schule musste ich mich also nie mit der Schule beschäftigen. Die Hausaufgaben habe ich nebenbei im Unterricht gemacht und damit hatte sich das. Als Frühaufsteher hatte ich früh, also zwischen drei und sechs, Zeit zum Schreiben, war dann bis höchstens 15 Uhr in der Schule, danach bis maximal 18 Uhr in der Musikschule und danach hatte ich noch eine Stunde, um zu schreiben.

Im Studium war es sogar noch entspannter, weil die Musikschule weggefallen ist und ich weiterhin nicht viel Zeit ins Lernen investieren musste und muss. Es … naja, es funktioniert halt einfach.

Wie bist du das Schreiben und Veröffentlichen angegangen, welche Ressourcen hast du verwendet?

Für das Schreiben brauche ich nicht viel. Nur Zeit, Strom und meinen treuen Laptop. Für die Veröffentlichungen habe ich viel Zeit aufgewendet, um mich zu belesen. Welcher Selbstverlag passt am besten zu meinem Projekt, wie schaffe ich es, meine Bücher sichtbar zu machen, welche Stolperfallen könnten auftauchen. Ich habe außerdem einige Erfahrungen aus meinen vorangegangenen Verlagszusammenarbeiten einfließen lassen und überarbeite meine Bücher beispielsweise so, wie ich es in den Verlagen mitbekommen habe, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Für das Veröffentlichen braucht es daneben natürlich Geld. Das ist ein einfacher Fakt. Je mehr Geld, desto besser. Auch Sichtbarkeit erkauft man sich, wenn Jährlich Zehntausende Neuerscheinungen den Deutschen Buchmarkt fluten. Und ich muss und möchte die Menschen an meiner Seite wissen, die ausreichend Expertise und Erfahrung mitbringen, um mein Buch zu dem Endergebnis zu bringen, das ich mir ersehne.

Welcher Moment im Prozess des Schreibens, Überarbeitens, Veröffentlichens usw. ist dein liebster?

Wenn ich den fertigen Probedruck in den Händen halte und alles daran passt. In der Sekunde ist die Veröffentlichung für mich abgeschlossen. In dem Moment bin ich durch, selbst wenn das Buch für den Leser erst in drei, vier Monaten erscheint.

Hast du Tipps für andere oder angehende Autor:innen?

Macht euer Ding. Schlussendlich steht euer Name auf dem Cover.

Hast du Tipps, wie man ins Schreiben starten kann?

Einfach schreiben. Mach daraus keine Wissenschaft. Für mich ist das Schreiben ein Moment der Stille, den ich auskosten darf. Setz Dich hin, schreib. Mach Dich frei von Selbstzweifeln, Vorurteilen, fremden Ratschlägen, Möglichkeiten, Unmöglichkeit. Schreib einfach. Der erste Entwurf ist so oder so immer verbesserungswürdig, egal was Du tust.

Welches ist denn dein Lieblingsbuch (deine eigenen Bücher nicht miteingeschlossen)?

Der Bahnwärter Thiel von Gerhart Hauptmann. Ich kann Dir nicht einmal sagen, was mich an diesem Buch so stark bewegt. Aber jedes Mal, wenn ich es öffne und darin lese, fühle ich mich auf seltsame Weise berührt und abgeholt.

All deine Bücher haben bereits fixe Veröffentlichungsdaten – wie bist du eine so langfristige Planung angegangen? Lebensumstände verändern sich ja und 13 Jahre sind eine lange Zeit.

13 Jahre sind für den jungen Menschen eine lange Zeit, ja. Aber die Bücher sind fertig. Selbst wenn ich sterben sollte, könnten sie problemlos veröffentlicht werden. In 13 Jahren verändert sich immer viel: die Lebensumstände, der Beruf, die sozialen Kontakte, die Politik, die Wirtschaft. Aber schlussendlich? Schlussendlich verändert sich selten etwas, das von Bedeutung ist, weniger noch, wenn der politische und wirtschaftliche Boden stabil ist. Ich sehe in einer Jahreszahl keinen Grund, nicht in die Zukunft zu planen. Bücher wird es in der ein oder anderen Form immer geben. Da meine Veröffentlichungen weder von meiner eigenen Gesundheit noch von meiner Kreativität abhängig sind, weil sie seit gut 2,5 Jahren fertig in der Schublade liegen, bin ich bezüglich des doch recht kompakten Zeitraums von 13 Jahren sehr entspannt. Das ist lediglich ein grobes Sechstel eines durchschnittlichen deutschen Menschenlebens.

Auf deiner Website habe ich auch einen 15-Jahres-Plan entdeckt – was hat es denn damit auf sich?

Der ist wie der 13-Jahresplan, nur länger, erscheint nach dem 13-Jahresplan und bedient sich eines anderen Hauptthemas. Offiziell wird er 2033, sobald ich das erste Buch veröffentliche, in dem er vorn abgedruckt ist.

Möchtest du noch etwas ansprechen, was wir im Interview noch nicht gesagt haben?

Träume sind unser höchstes Gut – und jedes meiner veröffentlichten Bücher ist ein für mich wahrgewordener Traum. Wir alle sollten unsere ganz persönlichen Träume und Sehnsüchte behüten und niemals zulassen, dass jemand das flackernde Flämmchen löscht. Ohne unsere Träume, wer sind wir dann noch?

Ihr findet Celina auch auf Instagram und auf ihrer Homepage, außerdem gibt es auf meinem Blog bald noch ein weiteres Interview mit ihr zu lesen – seid gespannt!

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