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Interview mit Sonja Rüther

In Einraumpalast entführt uns Sonja Rüther in die Welt der Bücher, zeigt uns mit ihrem Protagonisten Matthis Papke die Liebe zur Literatur, schickt uns auf eine gemeinsame Reise und ergründet mit uns die Geschichte einer unnahbar wirkenden Frau…

Liebe Sonja, danke, dass du Lust auf ein Interview mit mir hattest. Ich durfte vor kurzem dein Buch Einraumpalast hören (gesprochen von Karolin Pape). Erzähl uns doch kurz, worum es in deinem Buch geht?

Sehr gern. Matthis fängt neu in der Poststelle eines Verlages an. Der Job ist einfach, sichert ihm die nächsten Konzerttickets und Matthis ist umgeben von Büchern. Somit hat er alles, was ihm wichtig ist, denn Matthis arbeitet, um zu leben und nicht andersherum. Doch dann begegnet er einer Mitarbeiterin in der Kaffeeküche, die das absolute Gegenteil von ihm ist, und die Gespräche mit ihr sind irgendwie herausfordernd. Sie reden über Bücher, die Branche und so manches Vorurteil. Je näher er sie kennenlernt, desto mehr verliebt er sich in sie, aber Lovis hat ein rätselhaftes Problem.

Der Titel hat mich besonders neugierig gemacht – wobei ich hier noch nicht verraten will, warum das Buch so heißt – aber vielleicht kannst du uns ja einen Hinweis darauf geben, wie du auf den Titel gekommen bist?

Der Titel war plötzlich da. Manchmal sagt es einfach „klick“ im Kopf, dann gibt es auch keine Alternativen, der muss es sein. Und ich finde, er passt super zur Lebenseinstellung von Matthis.

Deine Protagonist:innen Matthis und Lovis könnten auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein – kannst du die beiden kurz vorstellen?

Matthis ist ein hochintelligenter Spaßvogel, der seine Zeit lieber auf Metal-Konzerten verbringt als mit dem Ernst des Lebens. Als jüngstes von fünf Kindern hat er sich gegen die gewichtigen Lebenswege seiner Geschwister entschieden (Um seinen Bruder geht es im neuen Romantic-Thriller FLÜSTERFINSTER). Freunde, Musik und Bücher sind das Wichtigste für ihn.

Lovis lebt für die Arbeit im Verlag. Sie erfüllt Erwartungen und sie hat kein nennenswertes Privatleben. Diszipliniert, fleißig und freudlos.

Beschreibe dein Buch bitte in drei Worten!

Heavy Metal, Literaturliebe, Tiefe

Einraumpalast spielt in einem Verlag – warum hast du dieses Setting gewählt? Ich fand das sehr spannend!

Diese Entscheidung kam mit Matthis. Metalheads werden gern mal belächelt, was ich super nervig finde. Also wollte ich eine Geschichte über einen sehr belesenen Metalhead schreiben. Und der Verlag als Setting kam mir perfekt vor. Zudem wollte ich etwas aus dem Nähkästchen plaudern. Der Buchmarkt ist ein hartes Geschäft. Gute Titel bleiben oft auf der Strecke, weil sie keine Sichtbarkeit bekommen. EINRAUMPALAST wurde zum Beispiel aus folgenden Gründen abgelehnt: Niemand mag Metalheads als Protagonisten. Das Verlagssetting geht gar nicht.

Das Thema Mental Health bzw. Depression ist in deinem Buch von zentraler Bedeutung – was ist dir an diesen Themen so wichtig?

Hier treffen Licht und Schatten aufeinander. Zum einen geht es darum, dass jemand, der das Leben eher leichtnimmt, trotzdem nicht sorglos und kindisch ist. Matthis hat sich bewusst für diese Gewichtung entschieden und genau so ist er mir ans Herz gewachsen. Bei dem Thema Depressionen war mir wichtig, zu erzählen, was diese psychische Erkrankung mit den Angehörigen, Freunden, Mitmenschen macht. Für die Betroffenen ist es schlimm, aber es wird selben beleuchtet, wie hilflos und traurig sich andere dabei fühlen.

Welche Themen würdest du gerne viel öfter in Büchern lesen?

Ich mag es, wenn Themen in Bücher eingebunden werden, die neue Perspektiven bieten. Zum Beispiel eine Person mit dissoziativer Identifikationsstörung (mehrere Persönlichkeit), die nicht als gefährlich dargestellt wird. In der Literaturwelt tummeln sich so viele Klischees, die für grauenhafte Vorurteile tatsächlich Betroffenen gegenüber gesorgt haben, die schwer zu beseitigen sind. Wenn psychische Störungen dargestellt werden, dann meist überspitzt und oft beleidigend. Besonders, wenn es um Autismus geht.

Was liest du selbst denn gerne in deiner Freizeit?

Ich liebe Phantastik, aber auch authentische Liebes- und Er0tikromane. Derzeit höre ich am liebsten Hörbücher und kaufe mir die Werke von Kolleg:innen, um sie zu unterstützen und um zu hören, was sie so schreiben. Ich liebe die Vielfalt, die dadurch zusammenkommt.

Wie sieht bei dir der Schreiballtag aus? Plottest du? Schreibst du „einfach“ drauf los? Wie bzw. was musstest du für Einraumpalast recherchieren?

Ich beginne meist mit einer vagen Idee, einem Gefühl oder einem Satz, den ich im Kopf habe, und dann schreibe ich drauflos und schaue, wo es hinführt. Die Figuren übernehmen meist die Handlung, ich komme mir da eher wie ein Werkzeug vor 😉 Aber ich sage immer: Bauchschreiber sind Kopfplotter.

Man macht schon dieselbe Arbeit, aber eben auf unterschiedliche Weise. Wenn der Rohtext steht, dann stecke ich viel Zeit und Energie in die Überarbeitung, damit am Ende eine stimmige und möglichst authentische Geschichte dabei herauskommt. In EINRAUMPALAST sind eher Erfahrungen eingeflossen als Rechercheergebnisse.

Ich würde Wolkenbrüche in der Hölle, eines der Bücher, die im Laufe der Handlung vorkommen, ja gerne lesen – hast du mal überlegt, das Buch unter einem Pseudonym zu veröffentlichen?

Tatsächlich ja. Das liegt sozusagen in der Schublade und reift vor sich hin, bis es mich irgendwann mal packt.

Wie cool! Ich hoffe, das passiert irgendwann 😉

Matthis‘ Leben ändert sich mit dem neuen Job ja grundlegend und sein Umfeld reagiert zwiegespalten – wie, glaubst du, wäre es mit ihm weiter gegangen, hätte er nicht im Bojak Verlag begonnen?

Dann hätte ihm wohl noch etwas länger das Verständnis dafür gefehlt, dass sich von jedem das Leben mit der Zeit ändert.

Und wie wäre es mit der Lovis weiter gegangen, hätte sie Matthis nicht kennen gelernt?

Das mag ich mir gar nicht ausmalen, wenn ich ehrlich sein soll.

Verständlich. Möchtest du noch etwas ansprechen?

Du hast mich mit deiner Rezension zum Hörbuch sehr glücklich gemacht. Wir leben gerade in einer Zeit, in der viele Kunstschaffende Angst um ihre Existenzen haben. Für meine Branche gesprochen: Wenn ihr Literatur liebt, unterstützt die Schreibenden mit Käufen, Empfehlungen und Rezensionen. Es muss nicht mal ein langer Text sein, aber jede Bewertung in Shops erhöht die Sichtbarkeit der Titel. Gerade bei Titeln, die von Verlagen nicht mit Werbung bedacht werden. Ich liebe meinen Job, den ich jetzt seit über zehn Jahren mit Leib und Seele ausübe. Meine Figuren haben auf meiner Homepage eine eigene Selbsthilfegruppe, weil wir so ein enges Verhältnis haben. Und ich habe inzwischen eine sehr liebe Buchfamilie, mit der ich gut vernetzt bin und die ich auf Messen treffe. Wie an diesem Wochenende auf der BuchBerlin (Anm.: findet am 21. und 22.9.2024 statt). Hinter jedem Buch stehen Menschen, die es auf den Weg gebracht haben. Autor:innen, Lektor:innen, Grafiker:innen, Herausgeber:innen …

Mir bedeuten die Rückmeldungen der Leserschaft eine Menge, weil ich meine Geschichten für euch schreibe. Also lese ich tatsächlich auch jede Rezension, die ich finden kann.

Vielen Dank für diese schönen Fragen! Die Beantwortung hat mir viel Spaß gemacht.

Das freut mich sehr, ich hatte auch ein tolles Interview und wünsche dir viel Spaß auf der Buch Berlin!

Mehr Infos zu Sonja Rüther findet ihr unter www.briefgestoeber.de, mehr über Sprecherin Karolin Pape erfahrt ihr unter www.karolinpape.de.

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