Unerwartet Du & Ich (Rezension)

Zunächst möchte ich mich vielmals für das Rezensionsexemplar bedanken!

Nach einer sehr ungesunden Beziehung verlässt die Krankenpflegerin Lennja mit Unterstützung ihrer besten Freundin Emilia ihre Heimatstadt Detmold, um zur Emilia nach Los Angeles zu ziehen und dort in einer psychiatrischen Klinik einen neuen Job zu beginnen. Obwohl ihre Familie und Freund:innen sie nur schweren Herzens gehen lassen, ist für alle klar, dass Lennja Abstand von Ihrem Ex-Freund und ihrer derzeitigen Umgebung braucht, und so sitzt sie schon bald im Flugzeug nach L.A.

Schnell arbeitet sie sich in der renommierten Klinik ein und lernt neben neuen Kolleg:innen auch die Patient:innen kennen, unter ihnen der mysteriöse, verschlossene und durch einen fanatischen Fan entstellte Schauspieler Sandro Collister…

Ich war bei diesem Buch zwiegespalten: einerseits haben mir die Phantom der Oper Vibes gefallen, die Geschichte war spannend und es gab interessante Charaktere mit spannenden Hintergrundgeschichten, wie Sandro Collister oder auch Sofia Perez (eine der Patient:innen).

Auch das Vorwort über psychische Erkrankungen hat mir gut gefallen, weil es gleich zeigt, worauf man sich in diesem Buch gefasst machen muss – denn der Inhalt ist kein leichter: Die Lennja hat Schreckliches und Übergriffiges erlebt, genauso wie ihre Patient:innen.

Schön war auch, dass die Lennja mit der Zeit mutiger und selbstbewusster wird und ihren Job liebt.

Andererseits hatte ich im ersten Teil der Story das Gefühl, die Lennja habe keine Persönlichkeit, sie bestand nur aus Angst und war einfach „das Opfer“, mehr war da zu Beginn irgendwie nicht.

Dazu hat mich die Wortwahl teilweise gestört, als sie beispielsweise an ihren gewalttätigen Ex-Freund denkt, der sie schrecklich misshandelt hat, und dabei das Wort „Pussy“ für ihren Intimbereich verwendet. Das war für mich ziemlich unpassend.

Sie verfällt selbst in übergriffige Verhaltensweisen dem Sandro gegenüber, indem sie ihn in seinem Zimmer überrascht und dann nicht wieder geht, sich ihm nähert, woraufhin er sie fest hält und sie nach einer kurzen Starre bloß noch weiter auf ihn zugeht… Sie verhält sich ihm gegenüber auch anders als anderen Patient:innen gegenüber und kommt ihm dazu noch viel zu nahe, was nicht nur im Umfeld einer psychiatrischen Klinik problematisch ist. Gerechtfertigt wird ihr Verhalten mit der starken Anziehungskraft zwischen den Charakteren, was mir einfach nicht genug war.

Auch die vielen Hinweise ihrer Freundin, dass sie sich als Klinikpersonal nicht auf (intime) Beziehungen mit Patient:innen einlassen kann, werden fröhlich ignoriert.

Ich habe mich außerdem die ganze Zeit gefragt, wann denn nun eigentlich die Lennja psychologische Hilfe bei der Verarbeitung ihrer Vergangenheit und ihrer Beziehung bekommt. Sie ist wahrlich nicht psychisch stabil, arbeitet dann aber in einer psychiatrischen Klinik, in der dank des Bekanntsheitsgrads ihrer Patient:innen noch dazu verschärfte Sicherheitsbestimmungen herrschen. Da hat mir etwas gefehlt.

Gut gefallen hat mir jedoch der Schreibstil sowie der Spannungsbogen der Geschichte, denn sowohl die Lennja, als auch der Sandro entwicklen sich weiter und dank Lennjas drohender Vergangenheit fragt man sich immer, ob noch etwas passiert, was dann auch so ist.

Die Idee dieser Geschichte war spannend, die Umsetzung leider nicht ganz mein Fall.