Am 15. Mai erschien René Laurins Roman Shana als Printexemplar – zu ihrer Veröffentlichung habe ich die Autorin und Physiotherapeutin zu ihrem Debütroman, einem romantischen Thriller, befragt.

Als Shana in ihrer Maisonette-Wohnung ankommt, schleicht Samtpfötchen um sie herum. Nachdem sie es sich auf dem Sofa bequem gemacht hat, schnurrt die Katze schon behaglich auf ihrem Bauch. Sie mag es, wenn die Stubentigerin ihr mit halb ausgefahrenen Krallen behutsam über die Haut kratzt. Als sie nach der Fernsehzeitschrift schaut, fällt ihr Blick auf die gegenüberliegende Wand.
Außer ihr muss noch jemand in der Wohnung gewesen sein!
René Laurin (2025): Shana: Auf der Suche nach der Wahrheit hält sie nichts auf. Auch nicht die Liebe
Liebe René, wir haben uns vor kurzem kennen gelernt und nun freue ich mich, dass ich dich hier für meinen Blog interviewen kann – vielen Dank, dass du dir die Zeit dazu nimmst. Erzähle mir und unseren Leser:innen doch kurz ein wenig über dich.
Ich bin diejenige, die sich bei dir bedanken muss, dass du mir die Möglichkeit gibst, über mein Buch erzählen zu dürfen. Also, ich habe schon immer gerne Geschichten erzählt. Neben den Aufgaben des Alltagslebens, bin ich erst in den letzten Jahren dazu gekommen meine Erzählungen aufzuschreiben. Ich bin Jahrgang 1960, habe einen lieben Mann, zwei erwachsene Kinder und bin als Physiotherapeutin tätig.
Dein Debüt „Shana: Auf der Suche nach der Wahrheit hält sie nichts auf. Auch nicht die Liebe“ ist ein romantischer Thriller, der im April erschienen ist (ebook) – gratuliere zur Veröffentlichung! Worum geht es denn in deinem Buch?
Die Hauptfigur dieses Romans Shana leitet eine Casting-Agentur. Sie verliebt sich in einen Mann, dessen wirkliche Rolle im Laufe der Handlung erst später klar wird. In einer deutschen Stadt in der sie lebt und arbeitet treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Nur langsam entwirren sich die Fäden, und ein Teil der Handlung spielt auf Island. Anfangs ist alles leicht und nett, doch bald wird man immer tiefer in die Geschichte und Gedankenwelt des Mörders hineingezogen.

Die Romantik geht zwar nicht verloren, doch sie entwickelt sich auf neuer Ebene. Irgendwann bemerkt man, dass es hier um viel mehr geht, als nur um eine spannende Liebesgeschichte.
Wie war die Veröffentlichung deines Erstlingswerks für dich? Bestimmt aufregend!
Selbstverständlich war die Aufregung groß, aber auch weil das „Selfpublishing“ für mich absolutes Neuland war. Um ehrlich zu sein, wäre es mir lieber gewesen, wenn einer der wenigen Verlage und auch Verlagsagenturen, die ich angeschrieben habe, die Veröffentlichung übernommen hätte. Bei einer klassischen Veröffentlichung wird ein neues Buch vielen Buchhandlungen angeboten. Ich wollte nicht so lange warten, bis es auf diesem Weg klappt, daher habe ich die Initiative selber ergriffen.
Das verstehe ich! Und eine Verlagsveröffentlichung ist ja auch immer Glückssache und hängt von den verschiedensten Faktoren ab. Aber zurück zu deinem Buch: „Shana“ behandelt den seit 2011 andauernde Bürgerkrieg in Syrien, ein Thema, das uns alle seit Jahren begleitet. Wieso hast du dich dazu entschieden, deine Geschichte vor diesem Hintergrund aufzubauen?
Diese furchtbaren Konflikte haben mich ziemlich aufgewühlt. Die verpatzte Chance zur Demokratisierung dieses Landes und schließlich die Terroranschläge 2016 in und um Brüssel, wo ich aufgewachsen bin, haben mich zu meinem Debüt „Shana“ inspiriert. Es ist immer etwas anderes auf bestimmte Menschen und ihre Charaktere einzugehen, als im Stil einer Reportage zu berichten. Deshalb hat es mich gereizt solche Schicksale in die Handlung einzuflechten.
Beschreibe dein Buch Shana bitte in drei Wörtern.
Verbrechen – Liebe – Multikulturalismus
Das Buch ist ein romantischer Thriller – ein Genremix, was ich ja besonders spannend finde! Wie bist du darauf gekommen, gerade diese zwei doch sehr konträren Genre zu vermischen und etwas Neues zu kreieren?
Ich hatte das Bedürfnis über das ernste Thema, Syrien betreffend, zu schreiben. Ein „Frauenroman“, dieser Begriff ist oft negativ belastet und kann auf Trivialliteratur hindeuten, sollte es auch nicht werden, also musste ich mich des Genremix „Romantischer Thriller“ bedienen, um dies auch als Stilmittel zu benutzen. Der furchtbare Bürgerkrieg in Syrien und die schrecklichen Verbrechen erhalten so ein Gegengewicht durch das leichtere Genre der Verliebtheit und romantischen Gefühle.
Woher beziehst du allgemein deine Inspiration für deine Geschichten (oder auch gerade für Shana)?
Ich lese viel, auch Sachbücher und Unterhaltungs-literatur. Was dann im Einzelnen und auch für Shana die Phantasie beflügelt hat, lässt sich im Nachhinein nicht so leicht rekonstruieren. Es steht auch nicht alles von Anfang an fest, wenn ich in Schwung komme, entwickelt sich die Geschichte in ihrer eigenen Logik weiter.
Dein Buch ist meiner Recherche nach im Selfpublishing erschienen – was sind für dich die Vorteile des Selfpublishings und was macht dir daran Freude?
Das war wie gesagt aus der Not geboren. Aber es gibt natürlich Vorteile. Die ganze Gestaltung, das äußere Erscheinungsbild, das Organisieren des Lektorats – alles das bestimmt man selbst, dafür entfallen leider die üblichen Werbungen des Verlag-Betriebs.
Ich finde schön, dass man so viele Möglichkeiten hat, ein Buch ohne Verlag herauszubringen, denn ich glaube, jedes Buch hat seine Leser:innen. Ich finde am SP-Bereich gerade schön, dass es so viele Bücher gibt, die nicht dem Mainstream folgen und einen andere Geschichten erleben lassen. Was uns zur nächsten Frage bringt: Was bedeutet Selfpublishing für dich?
SP bedeutet für mich viel Arbeit, sehr viel Arbeit und Ungewissheit über das Schicksal des Buchs, aber wie Du sagst, liebe Sophie, hat man mehr Freiheiten – ich glaube zwar nicht, dass „Shana“ sehr unkonventionell ist, aber es hat sicherlich seine Seiten, die nicht einfach im Mainstream aufgehen.
Syrien ist ein Land, das seit Jahren immer wieder in den Nachrichten auftaucht – meist leider unter negativen Umständen. Was fasziniert dich an Syrien, was ist das Einzigartige, Tolle, Wunderschöne an diesem Land?
Bevor das Assad-Regime angefangen hatte, die eigene Bevölkerung mit Krieg zu überziehen, waren die verschiedenen Religionsgemeinschaften im guten Einvernehmen. Es gab viel Offenheit und Toleranz für Diversität. Hinzu kommen die Errungenschaften der levantinischen Kultur, zu denen natürlich auch die Liebe zum guten Essen gehört. Gerade was dieses Land betrifft, darf man über die grauenhafte Zerstörung und die von Leid geprägte Situation, das Schöne und Beeindruckende dieser Wiege menschlicher Zivilisation nicht vergessen. Verwüstung von einstigen Kulturdenkmälern und mediterranen fruchtbaren Landschaften stoßen bitter auf. Als der Roman entstanden ist, war der Ausgang des Bürgerkrieges noch offen, doch die Hoffnung auf Frieden und Rückkehr der zuvor herrschenden friedlichen Situation lösten in mir die Faszination für dieses Land aus.
Shana wirft politische und ethische Fragen auf uns regt zum Nachdenken an. Mit welchem Gefühl sollen deine Leser:innen dein Buch beenden? Was willst du ihnen vermitteln?
Empathie für Menschen anderer Kulturen, aber auch für die, die Schlimmes durchgemacht haben oder für die, die dadurch auf Abwege geraten sind. Für Lebensmut und Offenheit für Dinge, die das Leben lebenswert machen.
Du möchtest mit Shana eine Botschaft an deine Leserschaft vermitteln: Für Religionsfreiheit, für mehr Frauenrechte auch im Nahen Osten und um die ethische Verantwortung von Staaten. Was wünscht du dir von den Regierungen und Menschen unserer Erde?
Von den Regierungen erhoffe ich mir, dass sie mehr für die einfachen Menschen ihrer Länder tun und ganz besonders für die am meisten Benachteiligten. Von den Menschen wünsche ich mir mehr solidarisches Miteinander und mehr Bereitschaft die Menschen anderer Kulturen in erster Linie als Mitmensch zu sehen und zu behandeln.
Doch nicht nur Syrien wird in deinem Roman beleuchtet: auch die isländische Kultur ist in dem Buch beheimatet – beide Kulturen bzw. Länder verbindet, dass beide Länder eine schlimme Zerstörung erfahren, Syrien durch den Krieg und Island durch seine Vulkanausbrüche. Diese beiden Ereignisse sind auf meinen ersten Blick so unterschiedlich, aber sie tragen beide zum Leid und zur Zerstörung bei. Wieso war dir dieser Vergleich, diese Gegenüberstellung wichtig? Und wie, glaubst du, können wir Menschen beide Ereignisse in eine positive Richtung lenken?
Gleichwohl ist der Vergleich derart, dass Syrien und Island trotz Zerstörung auch Unterschiede aufweisen, aber eben nicht ausschließlich. Elend und Leid aus gesellschaftlichen Konflikten sind etwas anderes als Naturkatastrophen. Vulkanausbrüche können nicht verhindert werden, schwindende Gletscher ebenso wenig. Also hat mich das Zusammenfügen beider Länder in einer Romanhandlung eher an die Gegensätzlichkeit denken lassen. Die isländische Gesellschaft ist von einer fast sprichwörtlichen Leichtigkeit und friedlichen Toleranz geprägt. Außerdem eignen sich beide Länder als landschaftliche und landeskulturelle Beschreibung, um auf deren Geschichte und Traditionen besonders aufmerksam machen zu können. Beides eindrucksvolle Länder, die in ihrer zum Teil zerstörten Natur nicht kontrastreicher sein können. Zur zweiten Frage dieses Punktes, liebe Sophie, sind in beiden Fällen Zusammenhalt und Zusammenarbeit die wirksamsten Mittel, um mit katastrophalen Situationen fertig zu werden.
Als Stilmittel, um diese Parallelen und Unterschiede herauszuarbeiten, verwendest du gegensätzliche Beschreibungen – kannst du uns dafür ein paar Beispiele nennen?
Ja, sehr gerne.
- Das verschlungene unterirdische Labyrinth des Bunkers in Deutschland und das Labyrinth des Höhlensystems auf Island
- Die Schönheit der Natur und ihre Zerstörung
- Das unterschiedliche Klima der Kälte und Hitze
- Der zarte Beginn einer Liebesgeschichte und die zerstörte Liebe des Mörders
- Der erfolgreiche Held und Ermittler und der vom Wahn getriebene Antiheld, der an seine dämonische Botschaft glaubt
2026 erscheint dein zweiter Roman, ein Episodenroman namens „Gefühlsmomente“, der sich um verschiedene Personen dreht, die auf den ersten Blick nichts miteinander gemeinsam haben – was sich im Laufe der Geschichte jedoch als falsch herausstellt. Ich habe zuletzt auch einige Episodenromane gelesen und finde spannend, wie die einzelnen Geschichten schlussendlich ein großes Ganzes bilden. Kannst du uns schon mehr über das Buch verraten?
Natürlich. Also, der Episodenroman „Gefühlsmomente“ schildert Empfindungen mehrerer Protagonisten, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, in den unterschiedlichsten Lebenslagen. Ein roter Faden zieht sich gleichwohl durch alle Episoden, in denen Nebenfiguren plötzlich im Mittelpunkt stehen. Die Handlung spielt in 22 Episoden an mehreren Schauplätzen. Der Weg der ersten beiden Schlüsselfiguren, ein Mann und eine Frau aus den ersten beiden Episoden, bildet den Hintergrund für alle anderen Folgen. Eine Love-Story im Roadmovie-Stil auf der Suche nach Freiheit und Identität, erzählt im manchmal heiter-humoristischen Ton mit manchen ironischen Anspielungen und der einen oder anderen Skurrilität.
Wenn du deine Protagonist:innen – egal aus welchem deiner Bücher – auf einen Kaffee treffen könntest, was würdest du sie fragen, worüber dich mit ihnen unterhalten?
(lacht) Eine witzige Vorstellung! Als erstes würde ich sie fragen, wie es ihnen später ergangen ist und ob sie weitere spannende Geschichten erlebt haben. Dann würde ich mich mit ihnen gerne über die aktuelle Weltlage unterhalten. Selbstverständlich sind es Figuren, die ich selbst ersonnen habe, dennoch weiß ich aber bei weitem nicht, was sie so alles denken könnten.
Möchtest du noch etwas ansprechen, was wir bisher nicht behandelt haben?
Ja, ich möchte vor allem die Jüngeren von uns dazu ermutigen mehr zu lesen. Wenn man sich unter Einfluss des Internets und sozialer Medien zu sehr an Informationsschnipsel gewöhnt, kann man Zusammenhänge oft nicht richtig verstehen und verpasst die Freude an einer längeren Erzählung. Doch ich möchte positiv bleiben, denn die Statistiken der Bücherlesenden sind für E-Books, als auch fürs gedruckte Papier auf dem aufsteigenden Ast. Hurra!
Da stimme ich dir zu, eine längere Geschichte bietet die Möglichkeit, so schön in eine Geschichte einzutauchen. Danke für das spannende Interview!
Mehr Infos zu René und ihren Büchern findet ihr hier.