Was bedeutet belesen eigentlich? Das Österreichische Wörterbuch definiert belesen so: [durch viel eigenes Lesen] kenntnisreich, gebildet.
Belesen ist ein Wort, das ausdrückt, dass jemand viel liest, viel gelesen hat und meint auch, dass jemand viel Wissen angehäuft hat. Doch das führt uns zur nächsten Frage: Was ist Wissen? Welche Art von belesen gilt als schlau, weltgewandt, beeindruckend?
Oftmals ist es Wissen über Politik, Geschichte, Physik oder Philosophie. Doch der große Gegenpart zur Sachliteratur ist die Belletristik, die alles umfasst, was der Unterhaltung dient und kein Sachbuch ist. Leider habe ich oft das Gefühl, dass die Belletristik (Das Wort kommt aus dem Buchhandelssegment der Belles Lettres was französisch für „schöne Literatur“ ist.) oftmals belächelt wird.
Doch Belletristik beschreibt Lebenswelten und Erfahrungen unzähliger Menschen! Warum wird Literatur oftmals danach bewertet, wie hochtrabend, geistreich und wissenschaftlich sie (angeblich) ist? Und nicht nach ganz anderen Kriterien? Natürlich ist es inzwischen so, dass die Bestsellerlisten von Phantasy, Thrillern und historischen Romanen angeführt werden, allesamt in der Belletristik angesiedelt und dadurch geben sie diesem Genre ein spannendes neues Gesicht.
Ein ähnliches Phänomen ist die „Frauenliteratur“, ein Wort, welches ich ganz furchtbar finde. Frauenliteratur ist ein Genre belletristischer Literatur von Frauen, über Frauen oder für Frauen. Doch warum gibt es eigentlich keine „Männerliteratur“? Ich habe das Gefühl, dass mit diesem Label der „Frauenliteratur“ eine große Bevölkerungsgruppe (nämlich die Leser:innen ebenjener Frauenliteratur) in ihrer Liebe zur Literatur herabgewürdigt wird. Und das sind oftmals Frauen. Dieses Wort verallgemeinert diverse Genre und reduziert sie auf einen (für mich) negativ konnotierten Begriff. Und „Männerliteratur“? Das gibt es nicht, weil natürlich alle Literatur „männlich“ ist. (Hier gibt es dazu einen spannenden Artikel aus DerStandard aus 2022.)
Ich lese lustigerweise inzwischen fast nur noch Bücher von Frauen – das hat sich vor allem durch meinen Blog und mein Eintauchen in die Selfpublisher-Bubble so ergeben. Unter meinen 2023-Büchern sind beispielsweise 28 Bücher von Autorinnen und nur 5 von Autoren zu finden. Auch die Blogger:innen, denen ich auf Instagram begegne und denen ich folge, sind zu großen Teilen Frauen.
Wer oder was ist also nun belesen?
Ich denke, alle Menschen die lesen, sind belesen – nur eben in unterschiedlichen Themengebieten. Die einen erfahren durch ihre Bücher Neues über Politik, Gesellschaft und soziale Gefüge, die anderen über Psychologie, Beziehungsmodelle oder den Umgang mit lebensverändernden Gegebenheiten, wie Jobwechsel, psychischen und physischen Krankheiten, Pandemien oder Umzügen.
Und sie alle bringen uns etwas bei, unterhalten oder inspirieren uns auf die ein oder andere Weise.
