Im Sommer erschien Eva Maria Šmons literarisch geprägter dystopischer Roman Der Wald ist wie das Vergessen, in dem es um Identitätsfindung zwischen Erinnern und Vergessen geht. Der Coming-of-Age-Roman behandelt kollektives Vergessen genauso, wie verlorene Bücher. In einer Welt, in der man seine Ursprünge nicht kennt – wie soll Identität da formbar sein? Ich habe hier schon mal einige Einblicke und Zitate aus dem Buch für euch gesammelt 🙂
Die Flieger kommen im Frühling, wenn Obstblüte ist, mehrmals im Sommer (im Frühsommer, zu den Hundstagen), nie im Herbst, nie im Winter, nie in der Nacht. Immer am Vormittag und nur bei gutem Wetter. Ich glaube nicht, dass das Zufall ist.
Eva Maria Šmon: Der Wald ist wie das Vergessen
Viele aus dem Dorf sind bei den Jagden ums Leben gekommen, die Leute haben sich angewöhnt, sich in der gefährlichen Zeit nicht weit von den Häusern zu entfernen, nur sehr früh und sehr spät aufs Feld zu gehen.
Ich vermisse die Geräusche der Tiere in ihrer jeweiligen Eigenart.
Den Gesang der Frösche am Abend.
Die Insektengeräusche. Das Summen von Fliegen, Bienen, Hornissen und Hummeln, das kaum hörbare der Libellen über dem Bach. Das Ticken der Hirschkäfer, das Schwirren eines Marienkäfers, wenn er deine Hand verlässt.
Besonders vermisse ich das unsichtbare Gewebe, das die Vögel mit ihren Geräuschen über die Orte spannten, das alles mit allem verband, früher, dort. Das Singen der Lerche, der Merle, der Amsel, der Schrei der Mehlschwalbe, der des Eichelhähers, das hohe Pfeifen des Wanderfalken, das Hämmern des Waldspechts.
Er hat grüne Augen, in denen goldene Einsprengsel sind. Das sehe ich, als ich ihn aus der Maschine ziehe, er dabei stöhnt und für einen Moment die Augen öffnet, mich ansieht, bevor sein Blick wieder hinter die Lider versinkt.
Ich habe beschlossen, ihn den Fremden zu nennen.
Der Fremde ist groß, viel größer als alle Männer, die ich kenne. Größer selbst als er, der größer war, als die Männer im Dorf und als die meisten S-Org-Leute.
Seit drei Tagen liegt er auf dem Boden im Schatten der Maschine, die knapp neben der Mulde steht, sich darin spiegelt, beinahe darin gelandet wäre, dort durch einen Zufall nicht gelandet ist.
Seit drei Tagen warte ich darauf, dass er aufwacht.

Manchmal reicht ein fallendes Blatt, die Berührung einer Eichhörnchenpfote, um eine Kapsel hochgehen zu lassen, sagen die Leute. Manchmal kann sich ein Wildschwein oder ein Hirsch daran zu schaffen machen, ohne dass etwas passierte. Manchmal erwacht eine Kapsel ohne Einfluss von außen. Auch das ist geschehen, sagen sie. Kapseln sind unberechenbar.
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