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„Ich habe mich schon immer dafür interessiert, wie sich eine Gesellschaft im Falle einer Apokalypse verändern würde.“ – Ein Interview mit Clarissa Kühnberger

Mein erstes Buch – und auch erstes Rezensionsexemplar – mit dem ich ins neue Jahr starten durfte, war Die Bürde der Zukunft von Clarissa Kühnberger. Diese Dystopie spielt in einer Welt, in der eine Seuche unglaublich viele Tote gefordert hat. Als Leser:in begleiten wir eine Familie bei ihrer Suche nach einem Heilmittel gegen diese Seuche – denn eines ihrer Familienmitglieder ist erkrankt …

Und weil mir das Buch so gut gefallen hat, habe ich die Autorin des Werks um ein Interview gebeten und freue mich, dass sie darauf Lust hatte 🙂

Liebe Clarissa, vor kurzem habe ich dein Buch „Die Bürde der Zukunft“ lesen dürfen, kannst du uns kurz erzählen, worum es in deinem Buch geht?

In meiner Endzeit-Dystopie sind fast alle Erwachsenen fünf Jahre zuvor an einer Seuche gestorben. Zurück blieben die Kinder, die nunmehr selbst fast erwachsen sind und sich mit einer brutalen und rücksichtslosen Welt konfrontiert sehen. Mit den Erwachsenen ist die Seuche jedoch nicht verschwunden und so infiziert sich Livias jüngere Schwester Marie mit der tödlichen Krankheit. Um ihre Schwester zu retten reist Livia, die noch immer mit ihrer düsteren Vergangenheit zu kämpfen hat, mitsamt ihrer Familie nach Irland. Auf der Grünen Insel geht es deutlich friedlicher zu und so dauert es nicht lange, bis die aggressiven und rücksichtslosen Deutschen sich Feinde machen. 

Deine Welt in „Die Bürde der Zukunft“ fühlt sich sehr real an und auch sehr gut möglich, ich habe mir oft vorgestellt, dass es mit Corona vielleicht so hätte laufen können bzw. in vielen Ländern ist es ja auch ein wenig so gewesen. Wie ist dir denn die Idee zur Geschichte gekommen?

Tatsächlich höre ich den Vergleich mit Corona immer wieder – was nicht unbedingt meiner Intention entsprochen hat, als ich das Buch geschrieben habe. Da liegt vielleicht auch daran, dass ich den Plot schon seit Jahren im Kopf hatte. Lange, bevor Corona ein Thema war.

Ich habe mich schon immer dafür interessiert, wie sich eine Gesellschaft im Falle einer Apokalypse verändern würde. Die Idee dazu, dass nur Kinder übrig bleiben, kam mir während einer Dokumentation. Diese zeigte auf erschreckende Art und Weise, wozu Straßenkinder in den Favelas fähig sind, wenn sie ohne Erwachsene aufwachsen.

Oh, interessant. Ich glaube, die Pandemie ist nicht spurlos an nus vorüber gegangen in den Köpfen der Menschen doch noch präsent, da stellt man solche Verknüpfungen leicht her 🙂

Kannst du uns deine Hauptcharaktere kurz vorstellen?

Ich habe tatsächlich sehr viele Hauptcharaktere, aber ich beziehe mich mal auf die „Wichtigsten.“ 😀

Livia: Sie ist das Familienoberhaupt der Familie Immergrün und mit allen Wassern gewaschen. Ihre düstere Vergangen hat sie noch immer fest im Griff und sie ist stets von einer Sorge um das Wohlergehen ihrer Familie erfüllt – für die sie einfach alles tun würde.

Adrian: Er ist so ziemlich das Gegenteil von Livia: Entspannt, charismatisch und mit einer Geduld, die seinesgleichen sucht. Auch er setzt seine Familie an erster Stelle und kann Livias Intentionen, alles für die Rettung ihrer Schwester zu tun, aus eigener Erfahrung sehr gut nachvollziehen. Dennoch hat es auch Adrian faustdick hinter den Ohren und ist sich nicht zu schade, seine eigenen Interessen durchzusetzen.

Bei den Immergrün gibt es außerdem folgende Hauptchars:
– Marie, die im Gegensatz zu ihrer Schwester sehr besonnen ist und realistische Vorstellung davon hat, wie die Suche nach dem Heilmittel ausgehen wird.
– Daria, eine Cousine von Livia, die Freude daran hat, zu kämpfen – und zu töten. Allem voran ist ihr aber wichtig ihrer Cousine nachzueifern und sie stolz zu machen.
– Alex, das „schwarze Schaf“ der Familie. Er tut was er will, sagt was er will und ist ein Paradiesvogel, der so gar nicht zu den anderen zu passen scheint. Er musste bereits vor der Seuche lernen, was es bedeutet, Menschen zu verlieren, die er liebt.
– Nika, die zusammen mit Livia ein dunkles Geheimnis bewahrt, welches ein starkes Band zwischen den beiden Frauen geknüpft hat.
– Valentin, der gutmütige und romantische in der Familie. Kaum in Irland angekommen, verliebt er sich auch schon in Patrick – Eine Verbindung, die ihm nicht nur gutes Beschert.

Bei den Iren gibt es außerdem:
– Saoirse und Liam: Die Anführer des Cill Chainnigh-Clans, die für das friedliche Kilkenny stehen. Doch während Saoirse die geborene Anführerin ist, hat Liam hin und wieder Probleme damit, sein Temperament im Zaum zu halten
– Bri und Caleb: Beide stehen den Anführern Kilkennys offen feindselig gegenüber und tun alles dafür, um den herrschenden Frieden zu destabilisieren.

Danke für den guten Überblick! Da haben wir jetzt einen Schummelzettel 😉 Mit welchem von ihnen würdest du am liebsten auf einer einsamen Insel landen?

Mit Adrian natürlich … 😏

Verstehe 😂 Ich fand sehr spannend, dass es kaum noch Erwachsene bzw. alte Menschen in deiner Geschichte gibt. Wie war das für die Kinder und Jugendlichen zu Beginn der Seuche, haben die Erwachsenen, als klar wurde, dass junge Menschen eher überleben, versucht, die Kinder vorzubereiten, oder blieb dafür keine Zeit?

Da nicht alle Erwachsenen von jetzt auf gleich starben, konnte einige von ihnen ihre Kinder auf das Kommende vorbereiten. Livias und Maries Eltern sind da ein besonders gutes Beispiel: Sie haben vergleichsweise lange überlebt und ihre Kinder, Nichten und Neffen sehr gut auf das, was sie erwartet, vorbereitet, sodass sie auch in einem vergleichsweise kleinen „Familienverband“ überleben konnten. Andere Kinder hatten nicht so viel Glück. Viele von ihnen starben – andere taten sich in Häusern/Clans zusammen, um zu überleben.

Welches ist denn dein Lieblingsbuch (deine eigenen Bücher nicht miteingeschlossen)?

Mein All-time Favourite: Die Tribute von Panem. Ich finde, dass sowohl die Bücher als auch Filme wahre Meisterwerke sind.

Die Suche nach einem Heilmittel hat den Immergrüns, bzw. der Livia, irgendwie einen Lebenssinn gegeben, hatte ich das Gefühl. Wie, denkst du, wäre die Livia geworden, wenn die Seuche nicht ausgebrochen wäre?

Es hat sie auf jeden Fall ein stückweit aus ihrem Schneckenhaus gezogen, in welches sie ich nach dem Tod ihres Cousins Gabriel verkrochen hatte. Livia war vor Ausbruch der Seuche ein ganz anderer Mensch – sie wollte unbedingt Medizin studieren und war sehr viel offener für andere Menschen. Also hätte sie vermutlich mitten in ihrem Medizinstudium gesteckt und engen Kontakt zu ihrer Familie gehalten, vielleicht einen netten Mann kennengelernt und eines Tages eine eigene Familie gegründet.

Gewalt, Krankheit, Angst und Verlust sind in dieser Welt ständige Begleiter vieler Menschen, auch deiner Protagonist:innen – denkst du, dass sich das in den Jahren nach der Handlung deines Buchs wieder verändern wird? Werden die Immergrün ein friedlicheres Leben haben können?

Nun, das hängt wohl ganz davon ab, ob es ein Heilmittel gibt. Falls nicht, wird die Seuche wohl ewig weitergrassieren und mutieren. Ob und wie die Immergrün ihr Leben schließlich gestalten werden und ob es für den ein oder anderen ein Happy End gibt, werden meine Leser spätestens am Ende von Band III wissen. 😉

Das heißt, es bleibt spannend! Sehr gut 🙂 Maries Charakter habe ich sehr spannend gefunden, weil sie irgendwie still ist, obwohl es eigentlich die ganze Handlung über um sie geht, nur hin und wieder stellt sie, die am meisten davon profitieren würde, die Suche nach dem Heilmittel infrage. Wir würdest du Maries Beziehung zur Livia beschreiben?

Obwohl die beiden Schwestern extrem unterschiedlich sind, lieben sie sich sehr. Livia würde alles für Marie tun – doch Marie ist nicht bereit ihr eigenes Wohl über das anderer zu stellen. Sie kennt ihre Schwester gut genug, um zu wissen, dass sie einen Leichenberg hinter sich zurücklassen würde, wenn es bedeutet, dass sie weiterlebt. Gleichzeitig ist sie aber auch eine der wenigen Personen, die weiß, dass die Ältere eben nicht so tough ist, wie sie immer tut. In dem Buch wird meistens die Sicht von Livia auf die Jüngere beschrieben, doch ebenso wie sie Marie beschützen möchte, gilt das andersrum genauso. Nur, dass Marie sie nicht vor der Seuche, sondern vor sich selbst zu beschützen versucht.

Worauf können wir uns in der Fortsetzung des Buchs freuen?

Teil II befasst sich hauptsächlich mit Livias Vergangenheit und wie sie versucht, ihre Dämonen zu bekämpfen. Ob sie es schlussendlich schafft und was es sie womöglich kostet, könnt ihr in einigen Monaten herausfinden. Ich sage nur so viel: Nach diesem Buch werden meine Leser Livia sicher mit anderen Augen sehen.

Teil III hält zudem mehrere Wiedersehen und das ein oder andere Schockmoment bereit. Viel mehr verrate ich aber noch nicht! 🤫

Wäre mein Leben ein Buch, wäre sein Titel…

„Das Leben ist kein Ponyhof“

Wie war die Arbeit an deinem Buch, was hat dir besonders Spaß gemacht und was war herausfordernd für dich?

Ich habe das Buch während einer sehr schwierigen Zeit in meinem Leben geschrieben und es hat mir sehr dabei geholfen, mich abzulenken. Am meisten Spaß hatte ich daran, zu recherchieren und die Szenen mit Adrian und Livia zu schreiben. Ich hatte immer ein wenig die Sorge, dass ich männlichen Charakteren nicht gerecht werde, doch ich finde, es hat ganz gut geklappt. 😀 Schwierig waren für mich tatsächlich die eher zurückhaltenden Charaktere und seichteren Storylines. Ich schreibe schon lange und auch eben immer sehr düster und brutal, da fallen mir kitschig-romantische Szenen oder sehr gefühlvolle Dialoge schwerer.

Ich finde, du hast sowohl die actionreichen, als auch die ruhigeren Szenen sehr schön geschrieben. Bevor das Interview nun zu Ende ist: Möchtest du noch etwas mit uns teilen?

FunFact zum Buch: In der ersten Fassung war „Die Bürde der Zukunft“ noch 200 Seiten länger. Ich habe es dann aus Kostengründen gekürzt.

Oh wow! Da hast du ja fast ein Drittel weggekürzt! Danke für deine Zeit und deine spannenden Antworten!

Im zweiten Teil unseres Interviews befassen wir uns mit dem Thema Selfpublishing – demnächst gibt es also noch mehr von Clarissa Kühnberger am Blog zu lesen 🙂

2 Gedanken zu „„Ich habe mich schon immer dafür interessiert, wie sich eine Gesellschaft im Falle einer Apokalypse verändern würde.“ – Ein Interview mit Clarissa Kühnberger“

  1. Warum, so frage ich mich, werden so viele Bücher geschrieben, bei denen große Teile der Menschheit dahingerafft werden?

    Freud hat gesagt, dass hinter jedem Gedanken ein Wunsch steckt, vielleicht ein verdrängter.

    Welcher Wunsch könnte das sein?

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