Liebe Ann, wie sieht für dich der Weg von der Idee zum fertigen Buch aus?
Die Idee wird notiert und zur Seite gelegt. Meistens kommt sie nämlich zur Unzeit, sprich, wenn ich gerade an einem Buch arbeite. Irgendwann stolpere ich wieder darüber, und wenn ich sie dann immer noch gut finde, denke ich mir die Hauptfigur dazu aus. Je nach Genre folgt dann zuerst der Plot, aus dem sich die weiteren Charaktere ergeben, oder ich erfinde zuerst die Nebenfiguren und plotte anschließend.
Die wichtigsten Figuren erhalten ein sog. Character Sheet, in dem alles Wichtige über sie notiert ist (Eltern, Geschwister, erste Liebe, Größe, Haar- und Augenfarbe, Lieblingsessen, Raucher:in, Beruf, etc.) Und sie schreiben eine Art Tagebuch. Das heißt, ich lasse die Figur einfach mal erzählen. Da kommen häufig so spannende Dinge zum Vorschein, dass ich oftmals den Plot anpassen muss. 😄
Der nächste Schritt ist das sog. Step Sheet, das heißt, ich plane den Roman Schritt für Schritt. Früher habe ich tatsächlich jeden einzelnen Schritt notiert, inzwischen lasse ich meinen Figuren etwas mehr Spielraum. Das Step Sheet ist der rote Faden, an dem entlang ich dann schließlich den Roman schreibe.
Es folgen Überarbeitung, Lektorat, Überarbeitung, Cover, Korrekturlesen und was alles dazu gehört, um ein Buch veröffentlichen zu können.
Du veröffentlichst deine Bücher, so wie ich das verstanden habe, selbst im Eigenverlag Feather & Owl. Wie ist es denn dazu gekommen, dass du deinen eigenen Verlag gegründet hast und wie läuft für dich die Veröffentlichung deiner Bücher ab?
Ich bin eine sog. Hybridautorin, das heißt, ich veröffentliche sowohl bei Verlagen als auch als SP. Feather & Owl habe ich 2000 gegründet, weil jemand ein Buch haben wollte, das nicht mehr lieferbar war. Ich hatte die Rechte zurückerhalten und dachte mir, dann mache ich das eben selbst. So richtig in Fahrt kam mein Verlag aber erst vor einigen Monaten, weil der Verlag, bei dem Café Hannah zuletzt erschien, geschlossen wurde. Da ich mit größeren Verlagen in den letzten Jahren eher negative Erfahrungen gemacht habe, gerade was Reihen wie Café Hannah angeht, mache ich das jetzt selbst. Und siehe da: Es läuft!
Ich arbeite mit einem Service Provider zusammen. Über dessen Plattform lade ich meine Bücher hoch, er sorgt dafür, dass sie überall gelistet sind. Ich zahle dem Service Provider einen Anteil meines Umsatzes, das heißt, er bekommt nur Geld, wenn ich etwas verkaufe.
Kannst du anderen Autor:innen Tipps geben, die vielleicht selbst im Eigenverlag veröffentlichen wollen?
Der wichtigste Tipp überhaupt: Sei professionell! Es gibt nichts Schlimmeres als ein Buch, das nach Kopierer aussieht!
Ich habe den Vorteil, dass ich als gelernte Buchhändlerin die Branche von allen Seiten kenne (ich habe sowohl im Handel als auch in Verlagen gearbeitet) und weiß, worauf es ankommt. Die meisten SP haben das nicht. Deshalb mein Rat: Informiert euch! Es gibt den SP-Verband, es gibt inzwischen jede Menge Lektüre dazu (ich kann allerdings nicht sagen, ob sie was taugen), es gibt jede Menge Infos im Netz.
Und man sollte sich darüber im Klaren sein, dass man erstmal kräftig investieren muss, bevor etwas zurückkommt!
Was möchtest du mit deinen Büchern bei deinen Leser:innen auslösen?
Sie sollen sich gut unterhalten und sich wohlfühlen. Nicht jede Episode hat ein gutes Ende, aber am Ende wird (fast) alles gut.
Dein erstes Buch, der Krimi „Schwabinger Schatten“, war laut eigener Aussage „ein totaler Flop“. Was hast du daraus gelernt und wie ist es danach für dich weiter gegangen?
Oh ja! Damals gab’s noch kein Internet und ich war extrem recherchefaul! Es sind nur kleinere Fehler, die mir unterlaufen sind (und die auch die Lektorin/Verlegerin nicht entdeckt hat), dennoch ist das natürlich peinlich. Gelernt habe ich vor allem eines: Schreibe über etwas, das du kennst!
Tatsächlich hatte ich danach ein paar sehr erfolgreiche Jahre, vor allem im Bereich Kinderbuch. Die vier zweisprachigen Abenteuerromane rund um Britta sind heute noch lieferbar, was in der heutigen, schnelllebigen Zeit ein wahres Wunder ist. Der erste Band – Holiday Job: Detective! – ist inzwischen fast 20 Jahre alt!!!
Du schreibst -so wie ich das verstanden habe, unter verschiedenen Pseudonymen, Kinderbücher, Romane und Krimis. Inwiefern unterscheidet sich das Schreiben dieser Bücher und was ist für dich das Tolle an diesem Genremix?
Richtig. Die Pseudonyme habe ich oben bereits erwähnt. Der Unterschied besteht zunächst mal in der Planung. Krimis muss ich sehr viel genauer planen als ein Wohlfühlbuch. In den Anfängen ist es mir mehrmals passiert, dass ich auf Seite 100 nicht mehr weiterkam, weil der Plot nicht funktioniert hat. 🙈 Das hat sich erst geändert, seit ich mit dem oben erwähnten Step Sheet arbeite.
Kinderbücher sind am anspruchsvollsten, denn als Erwachsener läuft man immer Gefahr, mit erhobenem Zeigefinger zu schreiben.
Bei Café Hannah habe ich es zuletzt einfach laufen lassen. Ich kenne die Figuren inzwischen recht gut, habe ihnen also einfach eine Szene vorgegeben und sie dann „machen lassen“. Das führt nicht immer zum gewünschten Ergebnis, aber meistens klappt es.
Für 2025 plane ich eine neue Reihe. Da werde ich aber zunächst viel Vorarbeit leisten und alles sehr genau planen müssen.
Den Genremix finde ich spannend, eben weil sich das Planen und Schreiben sehr unterscheidet. Interessanterweise gab es bisher immer Schwerpunkt-Phasen: Zuerst stand der Krimi im Vordergrund, dann kam die Kinderbuch-Phase, derzeit ist es die Wohlfühl-Phase. 😄 Ich möchte jedoch weiterhin alle drei Genres bedienen und hoffe, dass auch noch Fantasy dazukommt …
Du hast gemeinsam mit zehn anderen Autorinnen der „International Women Writing Group“ den Episodenroman „Lost and Found in Camden“ zugunsten der Deutschen Krebshilfe verfasst. Wie ist es zu diesem Projekt gekommen und wie war die Arbeit daran?
Korrekt heißt sie International Online Writing Group IOWG, sie entstand aus der IWWG (International Women Writing Guild), deren deutsche Repräsentantin ich zwei Jahre lang war (die IWWG stammt aus den USA). Das war in den Neunzigern, es gab bereits die ersten Mailprogramme, aber es war alles extrem langsam und mühsam. Die Gruppe, bestehend aus 11 Frauen von drei Kontinenten, tauschte zunächst nur Schreibtipps aus oder „chattete“ über das Schreiben und/oder das Leben. Ich hatte Finbar’s Hotel gelesen, einen Roman von verschiedenen irischen Autor:innen geschrieben, der im titelgebenden Hotel spielt. Ich erzählte davon und so entstand die Idee mit dem Camden-Roman. Unser Buch ist ein Ringroman, das heißt, eine Nebenfigur einer Geschichte ist die Hauptfigur des darauffolgenden Textes. Es war eine Riesenherausforderung, weil die meisten Frauen in den USA lebten und nicht mal eben nach Camden zur Recherche fliegen konnten. Einige von uns waren aber dort und haben viele Fotos gemacht und diese herumgeschickt.
Als der Roman endlich fertig war, kam das Problem der Veröffentlichung. Es gab weder Amazon noch BoD oder eine andere Möglichkeit. Wir wollten das Buch schließlich weltweit anbieten! Tatsächlich konnten wir den Roman erst drei Jahre nach Fertigstellung via Amazon veröffentlichen.
Alle Infos über Ann findet ihr unter www.cafe-hannah.de/ und z.B. auch unter www.deine-korrespondentin.de/autorin-mit-leidenschaft/.